Während du am großen Wasser stehst und in die Unendlichkeit des Himmels blickst wirst du der Bilder der eigenen Seele gewahr.

Diese Erfahrung verdichtet sich in den Bildern von Adelheid Rumetshofer. Ihre Bilder aus Licht und Farbe und Leinwand sind Bilder aus Seele und Erfahrung und Unendlichkeit. Als Menschen haben wir nicht allzu viele Möglichkeiten, Wege dafür angeboten zu bekommen, um unsere Seele und die Unendlichkeit zu erfahren. Die Bilder von Adelheid Rumetshofer sind so ein Angebot.

Das weite Meer
Beim Betrachten von Adelheid Rumetshofers Bildern habe ich oft den Eindruck, am Meer zu stehen und in den Horizont zu schauen, dorthin, wo Wasser und Himmel eins werden. Dieses Gefühl ist sprachlich schwer zu fassen. Es ist auch nicht erklärbar. Aber es ist da, so wie ich mit den Füßen im Sand des Strandes stehe oder auf einem Stein sitze und ein Phänomen der Natur vor mir habe. Unendlichkeit und Atmosphärisches gehen eine Einheit ein und erzeugen eine Empfindung, die den Blick auf die Welt neu schärfen lässt, auch im Sinne einer Entspannung. Loslassen und sich der Erfahrung hingeben. Sich in einen großen Kontext eingebettet fühlen und doch nicht darin aufgehen. Geborgenheit erfahren und doch die Wunden der Existenz und des Existenziellen nicht hinter sich lassen. Das Fragen vergessen und keine Antworten mehr brauchen.

Die Seele und das Ich
Um mit seiner Seele gut umzugehen, braucht es zwischenzeitlich auch den distanzierten Blick auf das eigene Innenleben. Unmittelbarkeit und eigener Wille sind Faktoren, die ein offenes Sich-selber-Gegenüberstehen ermöglichen bei gleichzeitiger Eigenverantwortlichkeit. Dabei ist es möglich über die eigene Begrenztheit hinauszugelangen. Adelheid Rumetshofers Bilder sehe ich in dieser Weise.

Als Betrachter bekommt man die Möglichkeit in eine Sphäre einzutauchen, welche den Weg zum Inneren freizulegen ermöglicht. Inhaltlichkeiten sind hier keine Vorgabe und doch etwas Unverzichtbares. Das Sein wird zu einer Gegebenheit, welche nicht eingezwängt wird, sondern in einem weiten und offenen Horizont Erfahrungen anbietet und verdichtet. Diese Freiheit im Sein ist auch die Chance des Menschen, Inhalte neu zu sehen und zu entdecken und gut mit sich, mit seiner Seele und mit seinem Sein umzugehen. Dieses Bewusstmachen stärkt das Geistige.

Was ist in uns? Weite und Verdichtung, Konzentration und Entspannung, Bewegung und Stabilität, Seele und Welt. Jede Lebenssituation bildet etwas davon ab. In meiner Wahrnehmung brauchen wir als Menschen innere Bilder, welche uns ermöglichen, gut auf die Bilder der äußeren Welt zuzugehen. Die Innenschau hilft, das Äußere zu transzendieren und damit zu integrieren.

Die größte Konkretion
Es ist was es ist. Die Bilder von Adelheid Rumetshofer sind sicher mehr als Atmosphäre und mehr als Seelenbilder. Sie sind was sie sind. Es gibt nichts Konkreteres. Es kommt mir manchmal vor, dass sie Farbe sind, so wie in der konkreten Kunst. Aber manchmal scheint mir, sie sind Oberfläche und Abbildung. Und dann habe ich wieder die Empfindung, ich bin in der tiefsten Tiefe eines Stoffes. Die Vielgestalt und das Vereinen von Gegensätzen sind ein Qualitätskriterium von geistigen Persönlichkeiten. Erstaunlich finde ich, dass mir bei Adelheid Rumetshofers Bildern auch die Ikonographie der Kunstgeschichte in den Sinn kommt. Jede Farbe und jede Form hat in der alten Kunst seinen Platz und seinen Sinn. Und der Kosmos eines ganzen Bildes lässt den Überblick verlieren, aber eine Erfahrung gewinnen, einen Eindruck erhalten. Adelheid Rumetshofer ist hier den alten Meistern ganz nah.

Was uns geschenkt wird
Adelheid Rumetshofer versteht es, in ihren Bildern Gegensätzliches zusammenzuführen. Weite und Verdichtung, Konzentration und Entspannung, Bewegung und Stabilität, Seele und Welt, Erfahrung und Sein.

MMMag. Hubert Nitsch (Kulturreferent Diözese Linz)
Dezember 2016